Hermann Tempel

Eine biographische Skizze  


Hermann Tempel gehörte in den 20er und 30er Jahren zu den führenden politischen Vertretern des Weser-Ems-Raumes. Seine politische Haltung ist noch heute Vorbild.

Geboren wurde er am 29.11.1889 in Ditzum, das zum damaligen preußischen Landkreis Weener gehörte. Nach dem Schulbesuch in Ditzum und Leer besuchte er in Aurich das Lehrerseminar. 1910 legte er die Lehrerprüfung ab. Er wurde zunächst Hilfslehrer in Bunde. 1913 erhielt er seine endgültige Anstellung als Lehrer. Im Februar 1915 wurde er eingezogen und nahm am Ersten Weltkrieg teil. Eine leichte Verwundung, eine schwere Typhuserkrankung und ein Augenleiden führten Ende 1916 zu seiner Entlassung aus dem Heeresdienst. Am 8. August 1920 zog Hermann Tempel in das Haus Bremer Straße 14 in Leer, in dem er bis zu seiner Flucht in die Niederlande im Jahre 1933 wohnte. Nach dem Ersten Weltkrieg studierte er zwischenzeitlich Psychologie und Philosophie in Hamburg und Berlin, stellte jedoch das Studium 1924 aus finanziellen Gründen wieder ein und wurde wieder Lehrer in Leer an der Ostersteg-Schule.

Im Jahre 1919 trat Hermann Tempel in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ein. Die Bürger der Stadt Leer wählten ihn 1924 in ihren Magistrat, dem er bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten angehörte. Am 15.9.1925 rückte er als Nachfolger des verstorbenen Abgeordneten Wilhelm Helling in den Deutschen Reichstag nach. Bei den folgenden Wahlen wurde er erneut in den Reichstag gewählt. Die SPD-Fraktion bestimmte ihn zum Hauptsprecher für Agrarfragen. 1924 war er Mitbegründer des „Volksboten -Wochenblatt für Ostfriesland und Papenburg“. Zum letzten Mal erschien der „Volksbote“ am 28.2.1933. Danach wurde er, wie alle sozialdemokratischen Zeitungen, verboten. Ende April, Anfang Mai 1933 begannen die Verfolgungen. Hermann Tempel hielt sich u.a. in Aurich und Oldenburg auf. Ende Juni 1933 floh er nach Holland. Nach kurzem Aufenthalt in Groningen ging er nach Amsterdam. Im Oktober 1937 wurde Hermann Tempel die deutsche Staatsangehörigkeit ab-erkannt.

Während seiner Emigration hatte er innerhalb kurzer Zeit Niederländisch gelernt und verdiente seinen Lebensunterhalt vorwiegend mit der Erteilung von deutschem Sprachunterricht an Holländer. Dabei lernte er auch die Familie Meijer-van Veen kennen, mit der ihn ein herzliches Verhältnis verband. Mit ihrer Hilfe hat Hermann Tempel innerhalb des Fünf-Tage-Krieges gegen Holland versucht, mit einem Schiff nach England zu entkommen. Der Versuch misslang. Er versteckte sich auf dem Dachboden in einem Heim der sozialistischen Jugend in Amsterdam. Da das Haus von der SS belegt wurde, musste er sein Versteck räumen und wurde von der Familie Meijer-van Veen in ihre Wohnung aufgenommen.

Weil die zwischenzeitlich ausgeschriebene Fahndung der Gestapo nach ihm erfolglos blieb, wurde der Inhaber seiner letzten Wohnung verhaftet. Als Hermann Tempel das erfuhr, meldete er sich Anfang Dezember, vermutlich am 4.12.1940, freiwillig bei der Gestapo und wurde verhaftet.

Nach mehrwöchiger Haft wurde er am 18.1.1941 in das Gefängnis nach Osnabrück gebracht. Zur Hauptverhandlung wurde er am 23.6.1941 nach Hamm in das Gerichtsgefängnis überführt und dort wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren verurteilt, wobei auf die Strafe sechs Monate und vier Wochen als Untersuchungshaft angerechnet wurden. Nach einer weiteren Haftzeit in Osnabrück wurde Hermann Tempel am 24.7.1941 in das Strafgefängnis Wolfenbüttel verlegt, aus dem er am 6.12.1942 entlassen wurde.

Nach einer Verfügung des Reichssicherheitshauptamtes sollte Hermann Tempel nicht in Schutzhaft genommen werden. Am 12.12.1942 meldete sich Hermann Tempel polizeilich in Berlin und fand Aufnahme bei seiner Schwester Johanna. Wegen der immer stärker werdenden Luftangriffe zog er mit seiner Schwester Anfang 1944 von Berlin nach Oldenburg.

In Oldenburg fand er Arbeit bei dem Schuhgroßhändler Riepenhoff, der alles tat, um sein schweres Los zu erleichtern. Aber die Schikanen der Gestapo nahmen kein Ende. Er wurde in Oldenburg erneut verhaftet und für zwei Tage inhaftiert. Danach teilte man ihm mit, er habe als Staatenloser kein Recht auf eine Wohnung und müsse in ein Ausländerlager ziehen.

Vorher erlöste ihn der Tod, ein Tumor in der Wirbelsäule konnte nicht mehr operiert werden. Am 27.11.1944 starb Hermann Tempel in einem Oldenburger Krankenhaus. Sein letzter Wunsch, in Ostfriesland zur letzten Ruhe gebettet zu werden, blieb unerfüllt.

Hermann Tempel wurde auf dem Gertrudenfriedhof in Oldenburg begraben.